Man liest es immer häufiger: Große Handelsketten verkünden den Verzicht auf gedruckte Prospekte. Ihre Begründung: weniger Altpapier, weniger Umweltbelastung, mehr Nachhaltigkeit. Klingt erstmal schlüssig, aber stimmt das auch? Ist Onlinemarketing tatsächlich nachhaltiger als Printwerbung? Diese Fragen sind nicht eindeutig zu beantworten und eine pauschale Antwort gibt es auch bei genauerer Betrachtung nicht. Aber eine Annäherung ist möglich.
Keine Frage, beim Druck werden Ressourcen verbraucht: Papier, Energie, Farben; auch der Transport der Druckerzeugnisse zu den Lesenden fällt ins Gewicht. Diese Rechnung wird in der Regel als CO2-Bilanz aufgemacht oder als CO2-Fußabdruck vermessen.
Der Nachweis, dass die Nutzung von Online-Medien weniger umweltbelastend ist, lässt sich allerdings auch nicht eindeutig erbringen. Denn ein Smartphone, Reader oder Rechner verbraucht ja Strom sowohl bei der Herstellung als auch im Betrieb. Allein auf Google beispielsweise prasseln jede Minute 3,8 Millionen Suchanfragen ein. Eine Anfrage verbraucht etwa 0,3 Wattstunden Strom. Hochgerechnet entspricht dies bereits bei 20 Anfragen dem Verbrauch einer LED-Lampe mit sechs Watt während einer Stunde.
Auch die Herstellung der Hardware, das Hosten von Daten auf riesigen Serverfarmen, die Up- und Downloads fressen Energie und Ressourcen, die nicht immer durch „grünen Strom“ gedeckt werden. Und was ist mit dem Recycling? Das gehört selbstverständlich auch dazu: Welcher Anteil der Energie und der Rohstoffe, die für die Produktion eines Geräts aufgewendet wurden, lässt sich durch Wiederverwertung einsparen oder zurückgewinnen? Wie viele Elektronikartikel werden überhaupt recycelt?
Beim Recycling ist Papier kaum zu toppen
Zum Medium Papier gibt es dagegen klare Fakten: Es ist ein nachwachsender Rohstoff. Die europäische Forstwirtschaft erzeugt diesen Rohstoff nachhaltig nach FSC oder anderen zertifizierten Anbaumethoden. Papier lässt sich sehr gut in einer Kreislaufwirtschaft führen, und das wird auch gemacht: Die Altpapierverwertungsquote im Verhältnis zum Gesamtpapierverbrauch liegt in Deutschland bei mehr als 95 Prozent, in Gesamteuropa seit etwa zehn Jahren stabil bei etwas über 70 Prozent.(1) Und auch die Verwendung von Altpapier an sich verbessert die CO2-Bilanz von Papier weiter.
Bei elektronischen Medien sind die Fakten eher weich: Greenpeace hat ermittelt, dass der Weltverbrauch an Elektronik-Hardware sich zwischen den Jahren 2000 und 2015 mehr als verdoppelt hat. Andere Quellen (2) schätzen, dass weltweit jährlich etwa 50 Millionen Tonnen Elektronikschrott anfallen. Nur der geringste Teil davon wird konsequent wiederverwertet, in der EU liegt die Recyclingquote knapp unter 40 Prozent. (3) Dieser Trend beschleunigt sich weiter: Immer mehr digitale Endgeräte verbrauchen immer mehr Datenvolumen, und damit Energie und Ressourcen.