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Hybrid-Druckmaschinen für Etiketten haben einen langen Weg hinter sich


 

















Von Dominique Huret, freie Journalistin im Druck- und Verpackungsmarkt

Der Digitaldruck im Schmalbahnbereich verzeichnet anhaltendes Wachstum. Die Druckmaschinenhersteller erschließen sich diese Nische, indem sie Etikettenherstellern das Beste aus beiden Welten anbieten – Technik sowohl für den Flexo- als auch für den Inkjet-Druck. Es liegt auf der Hand: Die Kombination verschiedener Drucktechnologien ermöglicht der Etikettenproduktion höhere Flexibilität, und auf dem Markt ist eine Vielzahl von Optionen verfügbar. So kann hier praktisch jede Anforderung abgedeckt werden.

 „Unter Hybrid versteht man in der Branche in der Regel eine Kombination aus digitaler und analoger Drucktechnik mit Inline-Weiterverarbeitung. Ziel ist es, das Beste aus dem digitalen Rolle-zu-Rolle-Druck herauszuholen, indem zusätzliche Flexodruck- und Weiterverarbeitungsmöglichkeiten auf einer Plattform für die Produktion in einem einzigen Durchgang bereitgestellt werden“, fasst Phil Baldwin, Vertriebsleiter von Mark Andy in Großbritannien und Irland, zusammen.

 Anfangs haftete Hybrid-Druckmaschinen das negative Image an, ihre hochmoderne Technik biete für die Etikettenproduktion keine zuverlässige Lösung. Die ersten Tage waren von Anbietern geprägt, die brandneue Digitaldruckmaschinen mit herkömmlichen Flexodruckmaschinen kombinierten. Die Hybrid-Druckmaschine war jedoch zu Beginn das Ergebnis der Zusammenarbeit eines Herstellers von Flexodruckmaschinen mit einem Hersteller von Digitaldruckmaschinen. Sie gestalteten eine gemeinsam ‚gebrandete‘ Hybridlösung, für die sie jeweils ihre eigene Technologie in der erforderlichen Weise anpassten. Andere Hersteller folgten diesem Trend und fanden in der Öffentlichkeit viel Aufmerksamkeit. Allmählich wuchs auch die Nachfrage. Denn der Markt forderte neue Etikettenprodukte, für die Kombi-Lösungen benötigt wurden.

Die ursprüngliche Idee

Den Grundstein für ‚All-in-One-Konzepte‘ in der Druckindustrie legte Hewlett Packard 1997 mit seinem Desktop-Drucker HP OfficeJet 1150C. Bei ihm handelte es sich um eine neue Produktkategorie, die das Drucken, Kopieren und Scannen, alles in Farbe, in einer Lösung kombinierte – also All-in-One. Das neue Konzept wurde zu einem großen Erfolg. In der Druckindustrie wurde es erst im Jahr 2019 umgesetzt, als BOBST seine DM5 auf den Markt brachte. Bei dieser Maschine handelt es sich um eine M5-Flexodruckmaschine mit einem Digitalmodul. Daher kam auch ihr Name. Im Jahr 2022 erweiterte BOBST sein Konzept mit der Vorstellung der DM340 und der DM510 – und schuf damit eine neue, vollständig modulare und nachrüstbare Kategorie von Druckmaschinen. Andere Hersteller beeilten sich, dem zu folgen.

Mark Andy als einer der Pioniere

„Aber im Grunde blieb es bei zwei verschiedenen Produkten unterschiedlicher Hersteller, die nicht aus einer Hand entwickelt wurden und deren Kompatibilität auf Anpassung und Modifikation basierte, statt auf einer natürlichen Synergie. Als einer der Pioniere bei echten Hybridlösungen entwickelte Mark Andy eine Lösung, die von einem einzigen Anbieter bereitgestellt wurde. Vorreiter zu sein bedeutete, dass das technisch Machbare ausprobiert wurde – vergleichbar den Anfängen des kommerziellen Digitaldrucks in den 1990er Jahren, als es im Markt noch keine echte Nachfrage für ihn gab. Entsprechend waren nur wenige Hersteller bereit, erhebliche Summen in die erforderliche Forschung und Entwicklung zu investieren. Bei Mark Andy gingen wir die Dinge anders an. Gleich zu Beginn starteten wir mit einer detaillierten Marktforschung zur wahrscheinlichen Nachfrage nach dieser Technik und ihren Leistungsparametern – unter Berücksichtigung der Produktionskosten und der potenziellen Verkaufszahlen. Uns wurde klar: Wollten wir Flexo- oder Digitaldrucker überzeugen, in die Hybridtechnologie zu investieren, mussten wir diese von Grund auf selbst entwickeln. Nur so konnten wir alle Aspekte verstehen und die volle Kompatibilität zwischen den verschiedenen Funktionen in Druck und Weiterverarbeitung garantieren", erinnert sich Jean Louis Pecarelo von der Mark Andy-Vertretung Atypic France.

Als ein Pionier im Schmalbahndruck verfügte Marc Andy über das erforderliche Know-how, diese Technik ans Laufen zu bringen. Das Unternehmen arbeitete an ihrer Entwicklung zu einem kommerziellen Produkt, das also nicht nur seine Kompetenz unterstreichen sollte. Zunächst stieß die Digital Series von Mark Andy aber auf eine gewisse Skepsis – war doch ihr Konzept noch unbekannt und nicht praxisbewährt. „Der Flexodruck war seit vielen Jahren etabliert und weiterentwickelt worden. Und auch den Digitaldruck gab es bereits seit zwei Jahrzehnten. Aber die Integration dieser beiden Technologien stellte die Druckdienstleister vor die Frage, wie sie diese Kombination nutzen und ihren Kunden gegenüber vermarkten konnten. Als wir dann aber ihre Qualität, Flexibilität und ihre im Vergleich zu herkömmlichen Digitaldruckmaschinen höhere Produktionsgeschwindigkeit nachweisen konnten, gewann sie an Attraktivität. Und diejenigen Unternehmen im Schmalbahnmarkt, die die Zukunft im Auge haben, erkannten neue Chancen für sich“, so Baldwin.

„Was uns als Etikettenhersteller im hart umkämpften Schmalbahnsegment überzeugte, war die Kombination aus der bewährten, mit Servomotoren angetriebenen Flexoplattform von Mark Andy mit dem integriertem Inkjet-Druckwerk, das sich vom Wettbewerb abhebt, und den umfassenden Möglichkeiten sowohl im Druck als auch in der Weiterverarbeitung in einem Maschinendurchlauf. Damit ist sie ideal für die Etikettenherstellung für führende Markenartikelhersteller geeignet. Ein weiterer wichtiger Pluspunkt: Die Kosten der Verbrauchsmaterialien wie der Tinte und des Toners sowie die Klickkosten im Digitaldruck, können dank der Kombination aus Flexodruck und Inline-Weiterverarbeitung in der Hybridlösung in Schach gehalten werden“, ergänzt Liz Waters, CEO der The Watershed Group.

BOBST hat die Idee weiterentwickelt

BOBST blickt auf mehr als 130 Jahre Erfahrung in der Verpackungsindustrie zurück. In Europa kommen bei jeder zweiten Verpackung aus Wellpappe Maschinen von BOBST zum Einsatz. In der Etikettenherstellung mit Inkjet-Druckmaschinen ist das Schweizer Unternehmen allerdings ein Neueinsteiger. „Der Flexodruck verzeichnet nach wie vor Wachstum, das bei Digital- und Hybriddruckmaschinen allerdings noch stärker ausfällt. Schrumpfende Auflagen und Kunden, die mehr Flexibilität suchen, treiben das Wachstum im Digitaldruck voran. Wir sehen, dass führende Verpackungshersteller unterschiedliche Technologien kombinieren, um Kundenwünsche effektiver abdecken zu können. Dieser Trend wird sich fortsetzen. Die Zusammenführung verschiedener Technologien hat dem hybriden Flexo-/Inkjet-Druck zum Durchbruch verholfen – ein wichtiger Trend in der Etikettenproduktion. Wir bei BOBST gehen davon aus, dass die Zukunft Mischformen gehört. Wir bieten modulare Druckmaschinen an, die Inkjet- und Flexodrucktechnik mit Modulen für die Veredelung und das Stanzen kombinieren – alles All-in-One und inline in einer Maschine. Darüber hinaus ermöglichen Hybrid-Druckmaschinen auch die wirtschaftliche Produktion mittelgroßer Auflagen, nicht nur kleiner Auflagen“, erklärt Patrick Graber, bei BOBST Marketing-Leiter für die Narrow Mid-Web-Produktlinie.

Mitte 2021 übernahm BOBST 100 % der Anteile an Mouvent – mit der gesamten von diesem Unternehmen entwickelten Technologie (Farbstabilität, Druckqualität, Produktivität und reduzierter Wartungsaufwand, Software, weiße Tinte). Die gesamte Technologie wurde in ein digitales Druckwerk integriert, das in den Digital- und All-in-One-Druckmaschinen von BOBST genutzt wird. „Etikettenhersteller brauchen für ihre unterschiedlichen Aufträge Werkzeuge, die hierfür jeweils am besten geeignet sind. Wir bei BOBST haben das verstanden. Die MASTER DM340/510 zeichnen sich durch ihre modulare Architektur aus: Digitaldruckmaschinen mit All-in-One- und All-in-Line-Flexo-Modulen. Sie kombinieren die Leistungsfähigkeit der Flexo- und Inkjet-Technologien von BOBST zu einem Arbeitsprozess, der in einem Maschinendurchlauf primert, druckt, weiterverarbeitet und die Etiketten stanzt – und dabei lediglich einen Bediener erfordert. Die Maschine besteht aus vollständig von BOBST entwickelter, patentierter Technologie. Das heißt, Druckereien haben nur einen Ansprechpartner, der sowohl mit dem Inkjet- als auch mit dem Flexodruck bestens vertraut ist“, so Graber.

Die italienische Etikettendruckerei IBE verfügt über 13 Druckmaschinen, darunter drei Maschinen von BOBST und zwei von HP Indigo. „Mit der MASTER DM5 haben wir im September 2020 unseren Maschinenpark erweitert. Überzeugt hat uns ihre Druckqualität von 1.200 x 1.200 dpi und ihre Produktionsgeschwindigkeit bis 100 m pro Minute. Zudem hat sich diese Digitaldruckmaschine für uns als sehr kosteneffizient erwiesen. Ihre Registerhaltigkeit im Einzug und im Bahnlauf – sowohl im Rüstprozess als auch in der Produktion und sogar zwischen dem Flexo- und dem Digitaldruck – sind unbestreitbare Vorteile. Gleichzeitig ist die Makulatur reduziert. Die Gesamtbetriebskosten von BOBST sind angemessen, und auch die Preise für Wartung, Druckfarben und Materialien sind wettbewerbsfähig“, erklärt IBE-Geschäftsführer Roberto Spreafico.

Fujifilm setzt auf Inline-Druckbalken

Die jüngste Interpack markierte für Fujifilm im Druckmaschinenbereich den Einstieg in den Verpackungsmarkt. Das Unternehmen präsentierte hier ein umfangreiches Portfolio analoger und digitaler Lösungen für die Verpackungsherstellung. „Der Druck verleiht Verpackungen Mehrwert. Seit einigen Jahren kombinieren wir unser Fachwissen rund um neueste digitale Drucktechnik mit unserem analogen Erbe. Die mittlerweile auf dem Markt gut bekannten piezoelektrischen Samba-Druckbalken von Fujifilm ermöglichen es, den digitalen Inkjetdruck unmittelbar in vorhandene analoge Produktionslinien zu integrieren. Bei der X-Bar Powered by Fujifilm Inkjet Technology handelt es sich um eine modulare Lösung für die Integration des Digitaldrucks in herkömmliche Druckverfahren oder in die Weiterverarbeitung. Üblicherweise wird sie in einer Reihe unterschiedlicher Anwendungen verwendet, um variable Druckinhalte zu ergänzen. Bei Druckgeschwindigkeiten bis 300 Metern pro Minute bietet X-BAR eine Druckqualität von 1.200 dpi. So kann sie auch mit einigen der schnellsten analogen Drucklinien in der heutigen Rollenoffsetproduktion Schritt halten. Die Druckbalken mit modernster Fujifilm Inkjet-Technologie werden in Druckbreiten von 11,9 cm und 23,9 cm angeboten, um Seiten ganz oder teilweise zu bedrucken“, erklärt Manuel Schrutt, Director EMEA bei FujifilmPackaging.

Einige Etikettenhersteller werden zu ‚globalen Hybrid-Druckdienstleistern‘

Mit etwa vierzig verschiedenen Druckmaschinen – Flexo- und Digitaldruckmaschinen aller großen Hersteller – verfolgt der belgische Etikettenhersteller Reynders einen bodenständigen Ansatz: „Wir wollen ansprechende Etiketten zu erschwinglichen Preisen produzieren. Letztlich spielt für Kunden keine Rolle, mit welchem Druckverfahren ihre Etiketten hergestellt werden. Also ist es Sache der Etikettenhersteller zu entscheiden, wie sie unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Aspekte drucken. Wir produzieren hier keine Kunstwerke. Vielmehr bieten wir Etiketten von hoher Qualität zu wettbewerbsfähigen Preisen an, die wir binnen sehr kurzer Zeiten produzieren können – und mit denen wir der wachsenden Zahl der Produktvarianten bei gleichzeitig schrumpfenden Auflagen gerecht werden. Unsere Druckmaschinen sind Werkzeuge, mit denen wir Geld verdienen. Aber natürlich spart der Wegfall der Reproarbeiten Zeit und Geld. Heute können wir 95 % unserer Aufträge direkt von unseren Kunden über unser Vertriebsteam in unsere Druckmaschinen schicken. Allerdings wiegt der Preis der Verbrauchsmaterialien im Digitaldruck schwer“, stellt Michiel van de Perre fest, Key Account-Manager bei Reynders Labels Printing.

Interessenten und Etikettenhersteller, die auf neueste Technik umsteigen wollen, sollten auf der drupa im Juni kommenden Jahres fündig werden. Keine Frage: Neue Druckmaschinen und wahrscheinlich viele All-in-One-Systeme werden die Blicke auf sich ziehen.

Über die Autorin:

Dominique Huret lebt in Brüssel, Belgien. Sie arbeitet als freie Journalistin in der Verpackungs- und der Lebensmittelbranche, in den vergangenen 19 Jahren unter anderem für das Beratungsunternehmen Cape Decision. Huret schreibt für fünf führende Medienunternehmen – überwiegend in Europa. Sie ist zu erreichen auf LinkedIn.

 

Zitate

„Der Digitaldruck im Schmalbahnbereich verzeichnet nach wie vor Wachstum.“

 

„Das Beste aus beiden Welten – Technik sowohl für den Flexo- als auch für den Inkjet-Druck – ist jetzt für Etikettenhersteller verfügbar. Dabei kann hier praktisch jede Anforderung abgedeckt werden.

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