Der digitale Textildruck eröffnet enorme Freiheiten bei Designs und der Materialauswahl. Gleichzeitig ist die Farbkontrolle deutlich anspruchsvoller als bei glatten, papierähnlichen Medien. Stoffe dehnen sich, fusseln und wellen sich an den Rändern, zudem haben sie häufig andere optische Eigenschaften als Papier. Wer zuverlässige, wiederholbare Farbergebnisse erzielen will, muss den Messprozess deshalb gezielt auf die verwendeten Textilien ausrichten.
So gut wie jeder Druckauftrag beginnt heute mit einer digitalen Datei. Diese wird über einen Raster Image Prozessor (RIP) mit Farbprofilen nach dem Standard des International Color Consortium (ICC) verarbeitet und auf der Druckmaschine ausgegeben. Dabei ist das Farbprofil immer nur so gut wie die Spektraldaten, auf denen es basiert. Ein Spektralphotometer ist daher das wichtigste Werkzeug für robuste Drucker- und Medienprofile und nicht bloß eine visuelle Kontrolle oder eine Kamera.
Wenn es um die Farbmessung in der Druckindustrie geht, ist die internationale Norm ISO 13655 der zentrale Leitfaden. Sie legt fest, wie gemessen werden muss, damit Farben reproduzierbar, vergleichbar und qualitativ zuverlässig sind – unabhängig davon, wo oder auf welchem Gerät gedruckt wird.
Messgeometrie
Damit ein Messgerät das Licht unter den richtigen Winkeln auffängt und wiedergibt, wird eine sogenannte Messgeometrie festgelegt. Für Druckprodukte ist der Standardwinkel 45°/0° (oder umgekehrt 0°/45°). So lässt sich verhindern, dass Glanz oder Struktur das Ergebnis verfälschen.
Messbedingungen (M0–M3)
Diese Kürzel stehen für unterschiedliche Lichtbedingungen, unter denen gemessen wird. Das klingt technisch, ist aber wichtig:
Unterlage beim Messen
Damit die Farbe nicht durch das Material hindurch verfälscht wird (z. B. bei dünnen oder transparenten Stoffen), muss immer auf einer definierten weißen oder schwarzen Fläche gemessen werden. Eine improvisierte Unterlage, wie etwa ein Schreibtisch oder Karton, kann zu völlig anderen Werten führen.
Kurz gesagt: Die Einhaltung der Vorgaben der ISO 13655 sorgt dafür, dass Farbmessungen nachvollziehbar und vergleichbar sind – unabhängig davon, wer misst oder mit welchem Gerät.
Nach der Messung zeigt der Delta E-Wert (ΔE), wie groß der Farbunterschied zwischen zwei Proben ist. Ein ΔE von 1-2,5 gilt als Schwelle für sichtbare Unterschiede. In der Praxis gelten folgende Richtwerte:
Je nach Anwendung (Mode, technische Textilien, Werbebanner) variieren die akzeptablen Toleranzen erheblich.
Das Ergebnis wird nicht nur durch unterschiedliche Materialien beeinflusst. Auch die verwendete Tinte hat einen entscheidenden Einfluss auf den Farbeindruck. Nicht jede Tinte „funktioniert“ gleich, was besonders im Textildruck wichtig ist. Je nachdem, welcher Tintentyp verwendet wird, kann dasselbe Motiv auf demselben Stoff ganz anders aussehen.
Im Textildruck gibt es verschiedene Arten von Tinten. Unter anderem werden häufig folgende verwendet:
Pigmenttinte: Sie haftet auf der Oberfläche des Stoffes und ist damit gut für einfache Anwendungen geeignet, hat aber teilweise ein eingeschränktes Farbspektrum.
Reaktivtinte: Diese Tinte reagiert chemisch mit der Faser und wird häufig für Baumwolle verwendet. Sie ergibt brillante Farben, benötigt aber eine Nachbehandlung.
Dispersions- oder Sublimationstinte: Sie ist besonders für Polyesterstoffe geeignet, da sie ins Material „einziehen“ und dann sehr farbintensiv und haltbar sind.
Zu guter Letzt beeinflusst auch die Anzahl der verwendeten Farben im Drucksystem (z. B. 4-, 6- oder 8-Farb-Tinten mit Zusatzfarben wie Orange, Blau oder Grün) den Farbraum, den Ihre Druckmaschine überhaupt darstellen kann, also den Bereich an Farben.
Farbmanagement endet nicht beim Druck. Die Haltbarkeit der Farben – Waschechtheit, Reibechtheit und Lichtechtheit – wird durch separate ISO-Normen geprüft. Diese Eigenschaften hängen stark von der verwendeten Tinte und Nachbehandlung ab: Reaktivtinten sind nach korrekter Fixierung sehr waschbeständig, während Pigmenttinten ohne Fixierung beim Waschen leiden können.
Selbst wenn zwei Drucksysteme mit derselben Datei gefüttert werden, kann das Ergebnis komplett unterschiedlich aussehen, da die Tinten unterschiedlich reagieren.
Der einzige Weg, um verlässliche Aussagen über Farbwirkung und Farbumfang zu treffen, ist das Drucken, Messen und Vergleichen. Dies muss jedoch genau für die verwendeten Materialien, Tinte und Maschinenkonfiguration erfolgen.
Um dennoch wiederholbare Ergebnisse zu erzielen, werden sogenannte ICC-Profile erstellt. Sie sorgen dafür, dass Bilder farblich korrekt in den „Farbraum“ der jeweiligen Druckumgebung übersetzt werden. Das ist auch der Grund, warum das International Color Consortium (ICC) empfiehlt, jeden Druckprozess individuell zu profilieren.
Trotzdem kann nicht jede Farbe aus der Designdatei von jedem Drucker dargestellt werden. Der sogenannte „Rendering Intent" im ICC-Profil legt fest, wie mit diesen Farben verfahren wird, um der ursprünglichen Darstellungsabsicht möglichst nah zu kommen:
Perzeptiv: Komprimiert alle Farben proportional – ideal für Fotos
Relativ farbmetrisch: Verschiebt nur Farben außerhalb des Farbraums – für Corporate Colors
Sättigung: Maximiert Leuchtkraft – für Grafiken und Charts
Aber Vorsicht! Die Wahl des falschen Rendering Intents kann zu matten oder verfälschten Farben führen.
Textilien lassen sich deutlich schwieriger vermessen als Papier. Mit den richtigen Kenntnissen und Vorkehrungen ist das jedoch sehr gut machbar. Wer sich an die ISO 13655 hält, passende Messbedingungen und größere Blenden verwendet, Stoffe stabil fixiert und die Optik sauber hält, erhält hochwertige Spektraldaten. Daraus entstehen Farbprofile, die das RIP korrekt interpretieren kann, sowie Druckergebnisse, die auch unter Produktionsbedingungen überzeugen. Ergo: Wer Textilien professionell bedrucken möchte, braucht keine Glückstreffer, sondern ein durchdachtes Farbmanagement.